Mainzer Dänen – Bo Svensson und Arne Jacobsen – prägende Figuren der modernen Mainzer Stadtgeschichte

Was wäre die Stadt Mainz ohne seine Dänen? – Hä?! Wie ist denn das gemeint?

Nun, wir hätten wohl kein denkmalgeschütztes Rathaus, das die Architekturwelt fasziniert und international polarisiert. Außerdem wären die geliebten 05er womöglich bereits aus der Fußball-Bundesliga abgestiegen.

Bo Svensson | © 1. FSV Mainz 05

Im Januar 2021 befand sich der 1. FSV Mainz 05 in einer handfesten Krise und mit einer Hinrunden-Ausbeute von nur sechs Punkten spukte das Abstiegsgespenst in der Opel Arena (heute Mewa Arena). Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, holten die 05er Verantwortlichen Bo Svensson vom österreichischen Zweitligisten FC Liefering als neuen Chefcoach nach Mainz – kein Unbekannter. Der Däne hatte bereits als Spieler sieben Jahre in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt verbracht und unter anderem unter Trainer Jürgen Klopp über 100 Spiele für die Rot-Weißen absolviert. Anschließend hospitierte er bei seinem Landsmann Kasper Hjulmand als Co-Trainer der ersten Mannschaft und trainierte im Anschluss verschiedene Jugendmannschaften im Mainzer Nachwuchsleistungszentrum.

Bo Svensson (li.), Jürgen Klopp (Mi.) | © 1. FSV Mainz 05

Auch während seiner Zeit in Österreich hatte Svensson seine Verwurzelung in Mainz nie aufgegeben; seine Familie lebte weiterhin hier und er pendelte regelmäßig aus Salzburg nach Rheinhessen. Daher war die Rückkehr des „Meenzer Bub“ an die alte Wirkungsstätte nur eine Frage der Zeit gewesen. Svensson, als Spieler bereits Publikumsliebling in Mainz, konnte schnell die Fanszene von sich begeistern und auch fußballerische Erfolge einfahren. Er avancierte zum „Architekt des Aufschwungs“. Der Klassenerhalt 2021 war schnell gesichert; seitdem etablierte sich die Mainzer Mannschaft im Tabellenmittelfeld und träumt zeitweise vom Europapokal. Eine Erfolgsgeschichte, die noch nicht zu Ende ist.

Ganz anders begann das Verhältnis von Arne Jacobsen und der Stadt Mainz. Geboren 1902 in Kopenhagen, erlernte er zunächst den Beruf des Steinmetzes und studierte anschließend Architektur in seiner Geburtsstadt.

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Er erlangte internationales Ansehen, nicht nur für seine Bauten, sondern auch für seine Designentwürfe. Seine Möbel, Lampen und Essbestecke sind bis heute zeitlose Klassiker.

1967 wurde er von dem Geschäftsführer der Novo Industrie GmbH (heute Novo Nordisk), Oswald Jacobi, mit der Planung eines Lager-, Verpackungs- und Verwaltungsgebäudes an der Saarstraße in Mainz beauftragt. Nach Vorgabe der Novo sollte ein zeitloser Gewerbebau entstehen, der gleichzeitig als Botschafter für dänisches Design fungieren sollte.

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Im Zuge dieses Baus, wurde Jacobsen auf den Wettbewerb aufmerksam gemacht, den die Stadt Mainz zur Errichtung ihres neuen Rathauses am Rheinufer ausgerufen hatte. Der Entwurf, den Jacobsen gemeinsam mit seinem Landsmann und Büropartner Otto Weitling vorlegte, überzeugte die Wettbewerbsjury und wurde einstimmig zum Sieger erklärt.

Bis 1974 dauerte der Bau des Rathauskomplexes, der heute ebenso wie das Novo-Gebäude unter Denkmalschutz steht und in seiner kompletten Innenausstattung aus Jacobsens Feder stammt. Leider konnte er die Eröffnung des Baus nicht mitfeiern, da Jacobsen bereits 1971 verstarb.

Das Mainzer Rathaus ist rückblickend eines der Hauptwerke des Baumeisters und wurde kürzlich in der Wanderausstellung Gesamtkunstwerke – Architektur von Arne Jacobsen und Otto Weitling in Deutschland gewürdigt, die 2022 auch im Zentrum Baukultur in Mainz gastierte.

Für Bo Svensson ist Arne Jacobsen ein echtes Top-Talent: „Arne Jacobsen gehört zur absoluten Spitze im Bereich Architektur und Design.“ In Dänemark sind sie beide Stars ihrer Profession, deren Erfolge man kennt. Deshalb ist Bo Svensson auch voller Stolz ein so bedeutendes Gebäude von Jacobsen in seiner Nähe zu wissen: „Viele Dänen haben auch von ihm designte Möbelstücke im Haus. Ich habe zwar keine Möbel von Arne Jacobsen, dafür habe ich hier in Mainz das Rathaus von ihm.“

Svensson und Jacobsen: Zwei Charakterköpfe aus unterschiedlichen Zeiten – zwei Dänen, die ihre vielleicht erfolgreichste Zeit in Mainz verbrachten – zwei Macher, die unserer Stadt ihren Stempel aufgedrückt haben – zwei „Architekten“ der Mainzer Stadtgeschichte.

Mehr zum Mainzer Rathaus lesen Sie im Ausstellungskatalog GESAMTKUNSTWERKE Architektur von Arne Jacobsen und Otto Weitling in Deutschland.

von Robinson Michel